musica viva vol. 44 – Milica Djordjević

Eine überbordende Klangfantasie liegt der Musik der 1984 in Belgrad geborenen Komponistin Milica Djordjević zugrunde. Souverän verfügt sie über das gesamte Arsenal an zeitgenössischen Klang- und Spieltechniken, die immer wieder neu überraschen. Sie begann ihre Kompositionsstudien in ihrer Heimatstadt, wo sie sich bereits mit elektronischer Musik beschäftigte, ging anschließend nach Straßburg und ans Pariser IRCAM, bevor sie von 2011–2013 ihr Studium bei Hanspeter Kyburz an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin abschloss. Ihr bereits umfangreiches Schaffen, das von führenden internationalen Solist*innen und Klangkörpern aufgeführt wird, umfasst Stücke für Soloinstrumente, Kammermusikwerke in verschiedensten Besetzungen, Vokalwerke und groß besetzte Orchesterkompositionen. In seiner Vielfalt unterstreicht es die handwerkliche Virtuosität der Komponistin. Für ihre Werke hat Djordjević zahlreiche hochrangige Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter den Belmont-Preis für zeitgenössische Musik (2015), den Förderpreis Komposition der Ernst von Siemens-Musikstiftung (2016) sowie den Claudio Abbado-Komponistenpreis der Berliner Philharmoniker (2020).

In Milica Djordjevićs kurzem Orchesterwerk Mali svitac, žestoko ozaren i prestravljen nesnošljivom lepotom (Kleines Glühwürmchen, grell beleuchtet und erschrocken von unerträglicher Schönheit), entstanden 2023 als Auftragswerk der Berliner Philharmoniker, geht es der Komponistin »um die immense Energie, die zum Leuchten notwendig ist.« Ihr Orchesterwerk Quicksilver entstand im Auftrag der musica viva des Bayerischen Rundfunks und erlebte seine Uraufführung am 16. Dezember 2016 durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Peter Rundel im Herkulessaal der Münchner Residenz. Gerade die strikte Beschränkung der melodischen Bewegung auf ganz wenige, enge Intervallschritte lässt die Bewegung »im Inneren umso reicher und bunter« werden. Cvor (Knoten) für Bläser, Klavier und Schlagzeug, ein Auftragswerk für die Donaueschinger Musiktage, beschreibt kurz, aber sehr intensiv einen Knoten, der drückt und umschlingt und schließlich platzt. Das vierte Werk auf der vorliegenden CD von BR-KLASSIK – Mit o ptici (Vogelmythos) für Chor und Orchester – ist 2020 im Auftrag der musica viva entstanden und erlebte seine Uraufführung am 28. Oktober 2022 mit Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Leitung von Johannes Kalitzke. Die vier Teile von Djordjevićs erstem Chorwerk beziehen sich auf Motive aus einem Versepos des jugoslawischen Dichters Miroslav Antić (1932–1986) von 1979. Erzählung und Dialoge werden im Wechsel der Stimmen wiedergegeben, teils getrennt und im dritten Teil sich durchmischend. Die Musik ist der Hauptträger der Handlung, sie transportiert das zu Sagende, ohne dass der Text verstanden werden muss.

Auf der CD von BR-KLASSIK sind Quicksilver und Mit o ptici als Mitschnitte der Uraufführungen von 2016 respektive 2022 zu hören. Mali svitac… und Cvor wurden bei einem musica viva-Konzert vom 23. Februar 2024 im Herkulessaal der Münchner Residenz aufgezeichnet.

Mali svitac, žestoko ozaren i prestravljen nesnošljivom lepotom [Kleines Glühwürmchen, grell beleuchtet und erschrocken von unerträglicher Schönheit]
für Orchester [2023]
Čvor [Knoten] für Bläser, Klavier und Schlagzeug [2021]
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Duncan Ward Leitung

Quicksilver für Orchester [2016] | Uraufführung
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Peter Rundel Leitung

Mit o Ptici  [Vogelmythos]
für Chor und Orchester [2020] | Uraufführung
Christof Hartkopf Bariton
Krista Audere Einstudierung
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Johannes Kalitzke Leitung

BR-KLASSIK CD 900644
Total Time: 54’40 Minuten