Lebensdaten des Komponisten
27. Januar 1756 in Salzburg – 5. Dezember 1791 in Wien
Entstehungszeit
Sommer 1788
Uraufführung
Nicht bekannt
Das Werk beim BRSO
Als Trias zuletzt am 26./27. Februar 2015 im Herkulessaal unter Daniel Harding
Wer am 25. Juni 1788 die Wiener Zeitung aufschlug, wollte wahrscheinlich etwas über den Türkenkrieg erfahren. Kaiser Joseph II. stand mit 280.000 Soldaten an der Grenze zum Osmanischen Reich. Verbündet mit Russland, erhoffte er sich im Fall des Sieges einen Gebietszuwachs für Österreich. Doch nun saß er fest in den Sümpfen vor Belgrad. Tödliche Seuchen breiteten sich aus. Ein schwedisches Heer fiel den Russen in den Rücken. Die Wiener litten unter den Kriegssteuern. Es ist also fraglich, ob folgende Anzeige die gebührende Beachtung fand: »Da die Anzahl der Herren Subscribenten noch sehr geringe ist, so sehe ich mich gezwungen, die Herausgabe meiner 3 Quintetten bis auf den 1. Jäner 1789 zu verschieben.« Unterzeichnet ist die Anzeige mit »Kapellmeister Mozart in wirkl. Diensten Sr. Majestät«.
Mozart brachte also seine Musik nicht an den Mann. »Meine Laage ist so, daß ich unumgänglich genöthigt bin Geld aufzunehmen. – aber Gott, wem soll ich mich vertrauen?« So wandte sich Mozart am 27. Juni an seinen Logenbruder Michael Puchberg. Was immer ihn in diese »Laage« gebracht hatte, sie war wirklich nicht rosig. Der Glanz seiner Klavierkonzerte war längst verblasst, seine Kammermusik galt als zu schwierig, eine neue Oper stand nicht in Aussicht. Gerade war er in die billige Vorstadt gezogen, in den Alsergrund. »Schwarze Gedanken« suchten ihn heim, am 29. Juni starb seine halbjährige Tochter Theresia an »Gedärmfrais«. Auf dem Schreibtisch aber lag, neben vielen anderen tintenfrischen Notenblättern, eine neue Symphonie. Majestätische Akkorde in Es-Dur: Die erste Seite schon weckt große Erwartungen. Zwei weitere Werke dieses Formats folgten sogleich nach.
Derart konzentriert hatte sich Mozart der Gattung bislang nicht gewidmet. Die Hauptattraktion seiner glanzvollen Konzerte war der am Klavier brillierende Komponist gewesen. Joseph Haydn, und einige andere, waren dagegen mit Symphonien erfolgreich, die nun auch im Druck zu kaufen waren. Ein gewisser Leopold Koželuh druckte die seinen sogar selbst: Dessen »Arbeiten erhalten sich und finden allenthalben Eingang, dahingegen Mozarts Werke durchgehends nicht so gefallen«, schrieb 1788 das Magazin der Musik. Im Vorjahr waren zudem Haydns Pariser Symphonien erschienen. Die Tonarten der ersten Gruppe, C-Dur, g-Moll und Es-Dur, wählte auch Mozart. Wollte er seine Werke ebenfalls drucken lassen? Wollte er sich damit als legitimer Erbe des großen Haydn ausweisen? So oder so: Im Alsergrund, im Mietshaus »Zu den drei Sternen« bastelte Mozart an seinem Comeback.
Eine Welt aufbauen
Im heutigen Konzertbetrieb erklingen sie meist einzeln. Es spricht aber vieles dafür, dass sie, über den Veröffentlichungsmodus im Dreierpack hinaus, eine innere Einheit bilden. »Im Zyklus eine Welt« sieht etwa Peter Gülke, der zahllose strukturelle Bezüge aufgespürt hat. So taucht die für die Freimaurer bedeutsame Symbolzahl 3 immer wieder auf, etwa in den drei Schlägen zu Beginn und am Ende der C-Dur-Symphonie. Auch bestimmte Tonmuster stiften Zusammenhang. Doch der Musikwissenschaftler sieht auch die Gefahr solcher Deutungen: »Beweisen lässt sich hier nichts, vermuten eher zu viel.« Nikolaus Harnoncourt behauptete zum Beispiel, Mozart habe den Zyklus als »Instrumental-Oratorium« angelegt, was immer das sein mag.
Dass die drei Symphonien als in sich geschlossenes, aufeinander bezogenes Triptychon zu betrachten sind, verdankt sich auch, paradox gesagt, ihrer äußersten Verschiedenheit. Jede hat ein eigenes Klangbild (erzielt durch verschiedene Bläserbesetzungen), umspannt einen eigenen Ausdrucksbereich und basiert auf eigenen Archetypen von Musik. Drei individuelle, unverwechselbare, absolut einzigartige Werke ergänzen sich gegenseitig. Mit allen Mitteln der vorhandenen Technik baut Mozart seine Welt. Bewusst sei angespielt auf den bekannten Ausspruch von Gustav Mahler, denn auch Mozart montiert scheinbar unvereinbare Stile, Empfindungen und Klanggestalten. Wie überraschend und doch einleuchtend er Gegensätze zusammenbringt, kann man oft in seiner Musik verfolgen – hier aber wendet er dieses Prinzip in die Totale.
Als klassisch wurden die Werke zunächst nicht wahrgenommen: 1800 fand Friedrich Rochlitz einzelne Passagen so wild, schneidend und drückend, »daß der Geist des Künstlers zuweilen mehr die Gärung, als das durch die Gärung Abgeklärte, mehr die aus dem Chaos sich selbst gebährende, als die aus ihm neugebohrene Schöpfung giebt«. Und noch 1826 verwarf Hans Georg Nägeli Mozarts Kontraste als »widerwärtige Styllosigkeit«, als unkünstlerisch und »mißbildend«. Die Symphonien verstießen offenbar gegen das klassische Reinheitsgebot. Wie würden sie also nun 1788 ankommen? Mozart schuf zu diesem Zeitpunkt einsame Gipfelwerke, die selbst mit dem Blick auf Haydn das symphonisch Vorstellbare weit überragten. Konnte er wirklich hoffen, damit wieder Erfolg zu haben? Konnte er mit dem Griff nach den Sternen auch Geld in die Kasse bringen?