Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks - BRSO

Eugen Jochum

Chefdirigent von 1949 bis 1960

Eugen Jochum © dpa

Als Eugen Jochum am 26. März 1987 in München starb, war der 84-Jährige bereits eine Legende. Der Bruckner-Spezialist galt als einer der größten Dirigenten der Nachkriegszeit. Zwischen 1949 und 1960 baute er das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks auf.

Er ist befugt, die Maßnahmen zu ergreifen, die er für den Ausbau und die Erziehung des Orchesters für erforderlich erachtet. Die Verpflichtung von ständigen Dirigenten, Gastdirigenten, und Musikern für dieses Orchester erfolgt ausschließlich durch Herrn Professor Jochum im Einvernehmen mit dem Intendanten.
So heißt es im Gründungsvertrag des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks 1949. Dem ersten Chefdirigenten Eugen Jochum wird damit eine Art Monopolstellung zuerkannt.

Tatsächlich konnte Jochum beim Bayerischen Rundfunks ein Orchester ganz nach eigenen Vorstellungen aufbauen, ohne dabei finanziellen Schranken unterworfen zu sein. Daher begann er schon im Vorfeld, namhafte Musiker für »sein« Orchester zu interessieren. Mitglieder des Koeckert- und Freund-Quartetts besetzten die ersten Pulte des neu formierten Orchesters.

Perfektion und Ehrgeiz

Das offizielle Gründungsdatum war der 1. Juli 1949. Zunächst einmal zog sich das Orchester zurück, um sich in Exerzitien unter dem strengen Erzieher und Perfektionisten Jochum auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten. Jochum wird als bisweilen cholerischer Mensch beschrieben, der nicht immer freundliche Worte für seine Musiker fand. Aber vor Augen habe er stets das höchste musikalische Ziel gehabt, heißt es.

Seine ehrgeizigen Ambitionen, ein Orchester von Weltruf aufzubauen, wurden von den anderen Orchestern in München argwöhnisch beobachtet. Kein Wunder, schließlich steckten diese aufgrund der Währungsreform in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Der Rundfunk schritt schlichtend ein und wirkte der Konkurrenzsituation entgegen, indem er als Kunstmäzen die Münchner Orchester förderte und einige ihrer Aufführungen im Radio übertrug.

Umjubelt im In- und Ausland

Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sollte nicht als reines Studio-Orchester nur im Rundfunk, sondern auch als Klangkörper in öffentlichen Konzerten zu hören sein. Das Münchner Publikum verdankte ihm unvergleichliche Interpretationen der Symphonien Anton Bruckners. Zudem nahm sich Eugen Jochum in besonderem Maße der geistlichen Musik an, stand aber auch in der musica viva regelmäßig am Pult. Während seiner elfjährigen Amtszeit beim Bayerischen Rundfunk leistete er nicht nur die gesamte Aufbauarbeit, sondern tourte mit dem Orchester im Ausland und begründete so seinen weltweiten Ruf.

Jochum ist durch seine ungeheure Energie, Erfahrung und Durchsetzungskraft ein Spitzenorchester zu verdanken, das Musikkritiker Walter Panofsky in einer Würdigung als »eines der schönsten und bedeutendsten künstlerischen Geschenke der Nachkriegszeit« bezeichnete.

Eugen Jochum © dpa

Jochums Dirigentenleben

Eugen Jochum entstammte einer musikbegeisterten und tief im Katholizismus verwurzelten Lehrerfamilie im bayerischen Schwaben. Seine musikalische Ausbildung begann sehr früh und die künstlerische Laufbahn ging kontinuierlich aufwärts. Seit seinem 30. Lebensjahr dirigierte er regelmäßig die Berliner Philharmoniker und wurde auch als Kandidat für die Furtwängler-Nachfolge genannt. Nach seiner Tätigkeit als Chefdirigent beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks war er ab 1961 ständiger Direktor des Concertgebouw-Orchesters Amsterdam, und 1969 wurde er Nachfolger von Josef Keilberth als Leiter der Bamberger Symphoniker. Bis zu seinem Tod 1987 blieb er dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als Gastdirigent eng verbunden.

Zwischen seinen Konzertauftritten in aller Welt war Jochum bis zuletzt unermüdlich im Studio tätig und hinterließ eine Diskografie, die sich wie ein Pantheon der abendländischen Musikgeschichte liest.

Über den Dirigenten Eugen Jochum

Jochums spezifischer Stil ist nicht immer verstanden worden. Seine vom Aktiven zum Passiven, vom Begreifen zum Vermitteln führende Art, seine mediale, meditative Begabung, seine Durchlässigkeit und Selbstentäußerung schienen dem überlieferten Bild des herrscherlichen Gebieters, des symphonischen Schlachtenlenkers am Pult kaum zu entsprechen. Gegenüber dem Typus des zerebralen und dynamischen Machers hatte dieser hochgewachsene Schwabe fast etwas Asiatisches an sich. Er wirkte wie ein Relais, durch das Stimmungen und Strömungen hindurchgingen. Er ließ die Musik an sich herankommen, unterwarf sich ihrer Macht, statt sie von oben zu regulieren. Er ließ das Orchester singen.

Der bayerische Kultusminister Hans Maier in der Laudatio zu Jochums letzter Auszeichnung 1983 mit dem Romano-Guardini-Preis der Katholischen Akademie in Bayern.