Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks - BRSO

Lorin Maazel

Chefdirigent von 1993 bis 2002

Lorin Maazel © BR\Sessner

Er galt weltweit als einer der größten Pultstars seiner Zeit: Lorin Maazel. Als erster Klassikkünstler in Deutschland erhielt er eine Platinschallplatte. Von 1993 bis 2002 formte er als vierter Chefdirigent das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.

Kritiker bewunderten ihn für seine Gedächtniskraft, Musikalität, präzise Schlagtechnik und Stilsicherheit. »Er ist mit Sicherheit ein Genie – ein Genie mit allem, was dazu gehört. Mit seiner technischen Perfektion vermittelte er dem Orchester eine unumstößliche Sicherheit«, so der Kontrabassist Otmar Kopold. Lorin Maazel war dafür bekannt, dass er stets präzise seine Proben und Konzerte vorbereitete, weil er glaubte, »dass man eine emotionale Interpretation nicht ohne eine absolut sichere technische Grundlage erreichen kann.«

Eben solche Professionalität verlangte er auch von den Musikern beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Sie lernten unter ihm, schnell und aufmerksam zu arbeiten, flexibler zu werden, um sich innerhalb kürzester Zeit ein umfangreiches Repertoire anzueignen. Und trotz dieser hohen technischen Anforderungen schaffte es Maazel, jedes Konzert zu einem unvergleichlichen Erlebnis werden zu lassen. Der Maestro führte das Orchester auf zahlreiche Tourneen. Gastauftritte in den wichtigsten Konzertsälen der Welt manifestierten abermals den internationalen Ruf des Orchesters als Spitzenklangkörper. Ein besonderer Höhepunkt dieser Reisetätigkeit war die Uraufführung von Pendereckis Monumentalwerk »Die sieben Tore von Jerusalem« anlässlich der 3.000-Jahr-Feier Jerusalems im Jahr 1997.

Retrospektive: Maazels Komponistenzyklen

Einer Retrospektive in der bildenden Kunst gleich, setzte Maazel mit großen Komponistenzyklen programmatische Akzente. Derartige Projekte sind eher selten, denn nicht viele Dirigenten wagen sich an eine komprimierte Konzertreihe durch das Schaffen eines Komponisten – eine konditionelle und intellektuelle Herausforderung. Doch das Risiko war es wert, denn das Münchner Publikum nahm die zyklischen Aufführungen symphonischer Werke von Beethoven (1995 und 2000), Brahms (1998), Strauss (1998), Mozart und Bruckner (1999) sowie Schubert (2001) mit Begeisterung auf. Als krönenden Abschluss seiner Münchner Zeit ließ Maazel 2002 einen Mahler-Zyklus folgen.

Nachdem er 2002 seinen Vertrag mit dem Bayerischen Rundfunk auslaufen ließ, wollte sich Maazel verstärkt dem Komponieren und Geigespielen widmen. Dann ereilte ihn jedoch ein Ruf als Chefdirigent des New York Philharmonic Orchestra. Sein Vertrag in der Metropole lief bis Ende der Saison 2008/2009. Ab 2012 übernahm Maazel die Leitung der Münchner Philharmoniker, legte sein Amt aus gesundheitlichen Gründen allerdings Mitte Juni 2014 nieder.

Eine Karriere der Superlative

Als Sohn amerikanischer Eltern russischer Abstammung wurde Lorin Maazel 1930 bei Paris geboren. Ihm wurde eine außergewöhnliche Musikalität in die Wiege gelegt und dazu eine ungewöhnliche Intelligenz. Der Vater war Sänger, die Mutter Pianistin, der Großvater Konzertmeister in Moskau und später an der New Yorker Metropolitan Opera. Bereits als Fünfjähriger erhielt Maazel ersten Violinunterricht. Zwei Jahre später begann er mit dem Klavierspiel und lernte Grundlagen der Orchesterleitung bei Wladimir Bakaleinikoff in Pittsburgh. Mit acht stand er erstmals am Pult eines Studentenorchesters und dirigierte die »Unvollendete« von Schubert. Schnell wurde »Little Maazel« zur nationalen Attraktion. Sogar Arturo Toscanini lud den Elfjährigen ein, zwei Konzerte des NBC Symphony Orchestra zu leiten. Das Wunderkind empfand seine Kindheit als unbelastet.

Fußball und Schopenhauer

Für ihn war es selbstverständlich, in einer Saison etwa zehn Konzerte zu dirigieren, ausgiebig Fußball zu spielen, Mickey Mouse und Schopenhauer zu lesen. Mit 16 gründete er das »Fine Arts String Quartett of Pittsburgh« und er wurde Konzertmeister bei den Symphonikern in Pittsburgh. In seinen Universitätsstudien der Mathematik, Philosophie, Sprachen und Literatur sah er eine Ausbildung fürs »wahre Leben«. Er überlegte sogar, Schriftsteller zu werden. Doch die Liebe zur Musik siegte. Zahlreiche Begegnungen mit zeitgenössischen Komponisten wie Hartmann, Dallapiccola, Strawinsky, Hindemith, Rachmaninow sowie den großen Dirigenten Toscanini und de Sabata prägten Maazel als Musiker und Komponisten. Was er von den großen Künstlern gelernt hatte, gab Maazel später an die nächste Generation weiter: Mit jungen Musikern zu arbeiten und mit Jugendorchestern zu proben, machte ihm große Freude.