The Sound of Simon
Playlist von Sir Simon Rattle
Die offizielle »Playlist« der neuen Saison finden Sie wie immer im Konzertkalender. Wir baten den BRSO-Chefdirigenten ergänzend dazu aber noch um ein paar ganz persönliche Favoriten, die ihm besonders am Herzen liegen.
Both Sides Now (2000) – Joni Mitchell / Vince Mendoza
Laut meines Computers habe ich dieses Album mehr als jedes andere gehört. Eine der großartigsten Kollaborationen in der Folk-Jazz-Geschichte und ein Liederzyklus, der wie der Verlauf einer Liebesbeziehung gestaltet ist: wunderbar eklektisch und voller Schätze. Die Tiefe von Joni Mitchells Stimme überrascht mich nach wie vor und würde ich als einziges Argument für das Rauchen gelten lassen.
Birdland – Maynard Ferguson
Auf diesen Song können sich ALLE meine Kinder im Alter von neun bis 40 Jahren einigen, und er gehört für uns zu jeder längeren Autofahrt. Man hat sofort gute Laune und gerät beim unverkennbaren Swing Peter Erskines, einem meiner All-Time-Percussion-Helden, ins Mitwippen.
Lil’ Darlin’ – Count Basie
Das perfekte Beispiel dafür, wie fantastischer Jazz die Zeit stillstehen lässt. Ist das das langsamste Tempo, bei dem man noch swingen kann? Bei Basie wird der Raum zwischen den Noten ebenso Teil der Musik. Magisch!
Come Unto Me – Take 6
Für mich die beste A-cappella-Gruppe der USA. Eine Meisterklasse in Atemtechnik und chorischer Intonation in enger Harmonie. Ihre Version von Miles Davis‹ Seven Steps to Heaven wäre ein weiterer Beweis ihrer Virtuosität.
Someday We’ll All Be Free – Donnie Hathaway
Zu beobachten, wie sich der Geschmack meiner Teenager entwickelt, ist ein Abenteuer. Mein Sohn Miloš, 15 und eingefleischter Hip-Hop-Fan, ist bis zu den Wurzeln des Genres vorgedrungen und hört nun viel Soul aus den 1970ern. Dieser Song ist ein Klassiker und bei uns regelmäßiger Hausgast am frühen Abend.
Nazareno – Golijov
Ein Stück aus unserer Familienplaylist. Meine Tochter Anežka ist neun und sagt, wenn all unsere klassischen Werke wie dieses wären, würde sie zu jedem Konzert kommen – weil man so gut dazu tanzen kann! Eine unwiderstehliche Feier südamerikanischer Musik von zwei meiner lebenslangen Freundinnen, den Labèque-Schwestern (die man bei unseren Konzerten im Oktober nicht verpassen sollte).
Matthäus-Passion – Johann Sebastian Bach
Wegen der Pandemie konnten wird dieses Meisterwerk 2022 in letzter Minute nur noch streamen. Wir beschlossen sofort, es so schnell wie möglich nachzuholen. Und es gibt keine bessere Gelegenheit, als die neue Saison mit dieser tiefsinnigen, sehr persönlichen spirituellen Reise zu starten. Es grenzt an Boshaftigkeit, irgendeine Stelle hervorzuheben, aber »Erbarme dich« ist so nah an der Perfektion wie kaum eine Musik vor ihr oder danach.
Zu den Konzerten am 26./27. September 2024
Daphnis et Chloé (Ballett) – Maurice Ravel
Ein Highlight aus dem Programm für 2024/25 und eine CD-Empfehlung in einem! Ich dirigiere dieses Stück seit nun fast 50 Jahren, aber keine Performance kommt an John Wilsons Einspielung mit der Sinfonia of London heran. Ein Konzertmitschnitt zu den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Pierre Boulez, meinem Lehrer, Mentor und Freund, den ich schwer vermisse.
Zu den Konzerten am 29./30. Mai 2025
Strawinsky und Mendelssohn – dirigiert von Herbert Blomstedt
Bei den vielen köstlichen Konzerten der kommenden Saison gibt es eines, bei dem ich selbst am liebsten im Publikum sitzen würde. Eines, das heraussticht: Strawinsky und Mendelssohn, dirigiert von Herbert Blomstedt. Ihn bewundere ich seit Langem. Er ist wie ein toller Wein, der mit den Jahren nur noch besser wird. Den Lobgesang hörte ich zuletzt als Teenager, als ich noch mittelprächtig Pauke spielte. Und so wie ich die Qualität dieses Stückes damals noch gar nicht umreißen konnte, bin ich überzeugt, dass Herr Blomstedt die Meisterhaftigkeit dieses Werkes zum Vorschein bringen wird – wie so oft. Kaum jemand dirigiert mit solch einem Verständnis und dazu ohne jede Eitelkeit. Was für eine Inspiration!
